Rüdiger W. Dünnebier
 

Prolog - Vorwort zu Amorbach

Dieses Vorwort ist ein Auszug aus “Ohne Leitbild” von Adorno.Vielen Dank an Anna Tretter.

Wolkmann: ein Berg, der Bild seines Namens ist, freundlich übriggebliebener Riese. Nun ruht er lange, breit gestreckt über dem Städtchen, das er von den Wolken her grüßt. -
Gotthard: der kleinste Gipfel in der Umgebung trägt den Namen des mächtigsten Massivs der Zentralalpen, als möchte er das Kind sacht an den Umgang mit dem Gebirge gewöhnen. Um keinen Preis hätte er es sich ausreden lassen, daß ein geheimer unterirdischer Gang von einer Höhle der Klosterruine St. Gotthard in den Amorbacher Konventbau hinabführt.

Der war bis zur napoleonischen Säkularisierung eine Benediktinerabtei, niedrig, außergewöhnlich lang, mit grünen Läden, angeschmiegt an die Abteikirche.
Ihm fehlte, außer den Eingängen, jede energische  Gliederung. Dennoch erfuhr ich daran zum ersten Mal, was Architektur  sei.

Bis heute weiß ich nicht, ob der Eindruck einfach darauf zurück geht, daß mir am Konventsbau das Wesen von Stil aufging, oder ob doch in seinen Maßen, unter Verzicht auf jeglichen Eklat, etwas sich ausspricht, was danach die Bauten verloren. Die Vedute, auf die er offenbar angelegt war, eine Stelle im Seegarten, kunstvoll hinter einer Baumgruppe versteckt, mit Karpfen bevölkerten, sympathisch riechenden Weiher, gibt einen kleinen, überschaubaren Abschnitt des Klosters frei. Stets noch stellt an dem Teil die Schönheit wieder sich her, nach deren Grund ich  vorm Ganzen vergeblich fragte..

In der Hauptstraße, um die Ecke der geliebten Post, befand sich früher eine offene Schmiede mit grell loderndem Feuer. Jeden Morgen ganz früh weckten mich die dröhnenden Schläge. Nie habe ich ihnen deshalb gezürnt. Sie brachten das Echo des längst Vergangenen. Mindestens bis in die zwanziger Jahre hinein, als es schon Gasolinstationen gab, hat die Schmiede existiert.

In Amorbach ragt die Vorwelt Siegfrieds, der nach Version an der  Zittenfeldner Quelle tief im waldigen Tal soll erschlagen worden sein, in die Bilderwelt der Kindheit.
Die Heunesäulen unterhalb von Mainbullau datieren, so wenigstens wurde mir damals erzählt, auf die Völkerwanderung zurück, nach den Hunnen benannt. Das wäre schöne, als wenn sie aus früherer namenloser Zeit stammten.  ...